Montag, 5. Oktober 2015

Erstaunlich weitreichende Aussagen, trotz wenig Daten-Input

Es fällt auf, daß uns fast niemand konkrete Beispiele über die Arbeit der Numerati, also der modernen Überwachungs-Statistiker, gibt. Ich vermute, weil anschauliche Beispiele ein enormes Einprägungs- und Empörungs-Potenzial haben. Mir fällt dazu  beispielsweise immer ein Szenario aus einem Sachbuch zum Thema Überwachung bzw Daten sammeln ein, das ich immer noch verblüffend finde. So hatte man vor Jahren an einer  skandinavischen Schule oder Hochschule WLAN Hotspots eingerichtett, und bekanntlich läuft das nicht über eine einzige zenttrale Antenne, sondern über viele kleine  – ähnlich wie beim Handynetz – also in jedem Raum mindestens eine Antenne, und draussen ebenso. Allein schon durch die Log-Daten, wer logt sich wann und mit welcher Signalstärke an welcher Antenne (quasi Funkzelle) ein und wieder aus, also noch ohne eine inhaltliche Analyse, was die Leute im Funknetz machen, konnte man nach einiger Zeit mittels Statistik so Dinge herausfinden wie:  Wer ist mit wem befreundet, wer ist in einer Gruppe das Alphatier, wer ist eher ein Stubenhocker, wer wird in den Ferien wohl Camping machen, wer ist womöglich fettleibig, wer hat wohl einen Nebenjob usw.

Das funktioniert zB so: Wenn die Personen A und B sich immer wieder zusammen in eine Funkzelle eingeloggen, kann man davon ausgehen, dass sie miteinander befreundet sind., und wenn Person B sich immer sofort im Netz von Person A einloggt, aber A nicht immer sofort bei B, sondern zuvor kurz auch mal in anderen Funkzellen, dann ist offenbar A die unabhängigere bzw dominantere Person. Wenn sich ergibt, dass dem Einloggen von Person X immer viele andere folgen, dann ist X offenbar ein Alphatier. Wenn Person O sich fast immer nur bei der Mensa- oder Cafeteria-Antenne einloggt und dort lange verweilt, ist sie vermutlich ein VielEsser, womöglich fettleibig, kommunikativ und verfügt wohl über genügend Geld. Wenn Person W sich fast immer draussen auf dem Campus einloggt und lange auf der Wiese sitzt, wird sie vermutlich auch in den Ferien eher Camping machen. Und wer sich immer wieder an einem bestimmten Wochentag zur immer ähnlichen Zeit ausloggt, der geht offenbar einer regelmäßigen Verpflichtung nach. Werden alle diese Logdaten und Erkenntnisse daraus dann auch noch mit anderen Daten zusammengeführt und in Beziehung gesetzt, können noch tiefer gehende Abhängigkeiten und Vernetzungen bei den Leuten erkannt, die sie selbst vielleicht nichtmal über sich wissen, und es können erstaunlich Voraussagen für zukunftiges Verhalten gemacht werden.